Wie bei einem Tetris-Spiel füllen fahrende Motorräder sofort jede noch so kleine Betonlücke. Ein Wirrwarr aus beweglichen Formen: Pendler treten den Weg zur Arbeit oder Schule an, bisweilen finden vier oder fünf Personen auf einer Maschine Platz. Das Chaos hält inne und für den Bruchteil einer Sekunde entsteht eine Lücke. Ein Fahrer nickt ermutigend, um zu signalisieren, dass der Moment gekommen ist, die Straße zu überqueren. Es gibt keine Zeit für Zweifel und keine Sekunde zu verlieren: Es ist die erste Begegnung mit dem Tempo von Vietnam.
Vietnam mag für seine schwierige Geschichte bekannt sein, hat aber viel mehr als koloniale Wurzeln und Zeugen lang zurückliegenden Krieges zu bieten. Dich erwarten unberührte Küstenstriche mit geschützten Kalksteinbuchten und ein Landesinneres voller Flussdeltas, lebhafter Dörfer und alter, auf Wasserstraßen erbauter Städte, von denen jede ihre ganz eigenen Traditionen und Besonderheiten hat.
Eine Vietnam-Rundreise gibt dir einen guten Eindruck von der enormen Vielfalt des Lebens in Vietnam. Was Vietnam-Reisen so besonders macht, ist der grundverschiedene Rhythmus auf dem Land und in den Städten sowie die Lebensweise seiner Einwohner. Dieser kurze Vietnam Reiseführer mit Reisetipps für Vietnam bringt dich zu den Highlights und den weniger bekannten Reisezielen in Vietnam.
Vietnam Rundreise: Start in Hanoi
Nach einer Schale Klebreis (Xôi Xéo) und einem starken Kaffee beginnt dein Tag in der Altstadt von Hanoi, einem Labyrinth aus 36 Straßen und schmalen Gassen, in dem sich Märkte, Tempel, Kathedralen und Kolonialbauten verbergen.
Flüge nach Hanoi Hotels in Hanoi
Die wahre Schönheit der Altstadt entdeckst du am besten, indem du einen Spaziergang durch ihre schmalen Gassen unternimmst, einen Blick hinter die eine oder andere Fassade wirfst und dich dem Fluss der Menschen anschließt, die seit Generationen einer ähnlichen täglichen Routine nachgehen. Mach ein paar Einkäufe, gönn dir eine Pause bei einer Portion Streetfood und beschließe den Tag beim abendlichen Wasserpuppentheater ‒ einer ungewöhnlichen Bühnentradition, deren Wurzeln tausend Jahre zurückreichen.
Nicht verpassen auf deiner Vietnam-Rundreise solltest du die Geschichte Vietnams: Mach dich auf den Weg ins Ho Chi Minh-Mausoleum und -Museum. Zieh dich angemessen an und folge dem Strom der anderen Besucher, während du die eigensinnigen, abstrakten Erzählungen aus der kommunistischen Vergangenheit des Landes in dich aufnimmst. Hinterher lässt du dich von einem Motorradtaxi zum Hỏa-Lò-Gefängnis bringen, einem düsteren, aber wichtigen Kapitel aus der Kriegsgeschichte Vietnams. Es verlangt seinen Besuchern einiges ab, zeigt aber andererseits, wie weit Vietnam seither gekommen ist. Gönn dir eine heiße Pho-Suppe, bevor du am Nachmittag Richtung Nordküste aufbrichst.
Die nördlichen Buchten Vietnams
Eine malerische Szene: Historische chinesische Segelschiffe, Dschunken genannt, gleiten an Kalksteinfelsen vorbei durch kristallklares Wasser. Dieser Anblick, der Inbegriff von Vietnam, wird dich in seinen Bann ziehen ‒ ganz egal, auf welche Art du die Inseln der nördlichen Buchten von Vietnam erkundest. Höhlentouren mit dem Kajak, Klettern auf Kalksteinsäulen, ein kühles Bier an Deck eines Ausflugboots oder eine Schwimmpartie in leuchtendem Plankton: Für jeden Reisenden ist hier etwas geboten. Um den Touristenmassen zu entkommen, solltest du dich einer nächtlichen Fahrt anschließen oder auf einer der vielen menschenleeren Inseln campieren. Buche nicht im Voraus: Kapitäne und Tourveranstalter sind auf den Hauptstraßen um die Halong-Bucht immer auf der Suche nach Reisenden. Wenn dir der Sinn nach einem ruhigeren Abenteuer steht und du gern bereit bist, etwas mehr auszugeben, solltest du zu den abgelegenen und weniger bekannten Gewässern der benachbarten Bucht Bau Tu Long aufbrechen.
Nachdem du ein paar Tage am und im smaragdgrünen Wasser verbracht hast, ist es an der Zeit, in die ländliche Provinz Quảng Bình im zentralen Vietnam aufzubrechen. Reisen in Vietnam können sich außerordentlich lang anfühlen, aber es gibt verschiedene Nachtbusse und Nachtzüge, in denen man die Strecken einfach verschlafen kann. Ein solcher Bus fährt täglich um 19 Uhr von der Halong-Bucht nach Đồng Hới und kommt am frühen Morgen an. Obwohl sie hauptsächlich von Touristen genutzt werden, sind die Schlafwagen für die durchschnittliche Körpergröße der Einheimischen gebaut – stell dich also darauf ein, in Embryonalstellung zu nächtigen.
Frische Luft in Phong Nha
Ab Đồng Hới gelangst du in kürzester Zeit nach Phong Nha, einem Tor zum Nationalpark Phong Nha-Kẻ Bàng und den Wanderwegen im Bong-Lai-Tal. Im Schatten der Karstberge, bei Wanderungen durch wilden Dschungel zu abgelegenen Höhlen oder auf Fahrradtouren durch ländliche Gegenden voller Reisfelder und Dörfer werden zwei Tage wie im Flug vergehen.
Für echte Abenteurer hat Phong Nha Expeditionen durch ein unberührtes Netz aus über 300 Höhlen zu bieten. Spar dir den Besuch der mit kitschigen Neonlampen ausgeleuchteten Paradieshöhle (Thiên Đường) und unternimm stattdessen eine Tagesexpedition zu den geologischen Schätzen der Höhle Hang Tien. Wenn du dich länger mit der Unterwelt beschäftigen möchtest, empfiehlt sich ein zweitägiger Ausflug zur Hang-Én-Höhle, in der dich ein unvergessliches Naturschauspiel erwartet, einschließlich einer Übernachtung an einem einsamen Strand neben einem Fluss – im Inneren der riesenhaften Höhle. Für viele der Kurzausflüge sind keine Höhlenerfahrungen nötig, da die Veranstalter eine umfassende Einweisung für die Ausflugsgruppen anbieten.
Wenn dir der Sinn eher nach entspannten Tagen im ländlichen Vietnam steht, kannst du ein Fahrrad oder Motorrad mieten und zu den weniger bekannten ockerfarbenen Trampelpfaden im Bong-Lai-Tal aufbrechen. Es gibt zahlreiche Homestay-Optionen, die dir die Möglichkeit bieten, Kontakt zu den Einheimischen zu knüpfen. Das Essen kommt hier meist frisch vom Hof auf den Tisch, und die zahlreichen Biobauernhöfe sowie der berüchtigte „Pub With Cold Beer“ am Fluss bieten fantastische Gelegenheiten zum Entspannen.
Dichtkunst in Huế und Hội An
Brich am frühen Morgen mit dem Bus nach Huế auf, dem vietnamesischen Refugium für Künstler, Dichter und Akademiker, wo dich eine Ansammlung hübscher Häuser in den grünen Hügeln am Parfümfluss erwartet. Lass dir Zeit, um anzukommen, verbring den Nachmittag in der uralten Thien Mu-Pagode und erkunde die Mauern der Zitadelle von Huế, die mit Literatur, Kunst und Gedichten aus dem 17. und 18. Jahrhundert verziert sind. Nimm immer einen Regenmantel mit: Die Stadt ist für ebenso unvorhersehbare wie sintflutartige Regenfälle bekannt.
Auch am nächsten Morgen solltest du früh aufstehen, um das He Café zu besuchen, das mit eigensinnigem Dekor wie alten Waffen, Schreibmaschinen und Memorabilien aus dem Krieg aufwartet. Danach geht es weiter nach Hội An. Am besten trittst du die Fahrt, die dich über die Serpentinen des atemberaubenden Hai-Van-Passes durch üppige Berglandschaften und vorbei an menschenleeren Küstenstrichen führt, auf einem Motorrad an. Tourveranstalter an der Zitadelle von Huế bieten die viertägige Reise mit verschiedenen Zwischenstopps an sehenswerten Orten an. Die Strecke zwischen den beiden Städten kann auch per Bus oder Zug zurückgelegt werden, was schneller geht, aber weniger eindrucksvoll ist.
Nach Ankunft im farbenfrohen Hội An gibt es nichts weiter zu tun, als die mitreißende Atmosphäre zu genießen. Die uralte Stadt am Thu-Bồn-Fluss hat einiges zu bieten: farbenfrohe Kolonialbauten, schimmernde Laternen an den Fassaden, Restaurants und Bars an jeder Ecke sowie eine riesige Auswahl von Schneidern und Kunsthandwerksmärkten. Sie ist eine wahre Pilgerstätte für Fotografen, Gourmets, Shopping-Fans und alle dazwischen. Besuch tagsüber einen traditionellen Kochkurs, lass dir einen maßgeschneiderten Anzug fertigen, besichtige prachtvolle alte Wohnhäuser oder spazier zum Flussufer, um zuzuschauen, wie Fischer ihre Netze einholen und Händler um lokale Erzeugnisse feilschen. Leih dir am Nachmittag ein Fahrrad aus, um an den nahegelegenen Stränden Cửa Đại und An Bang den Sonnenuntergang bei einem Drink zu genießen und eine Runde zu schwimmen – vorausgesetzt, es ist nicht Taifunsaison.
Anbindungen an Ho-Chi-Minh-Stadt hast du ab der nahegelegenen Stadt Đà Nẵng, wobei der 1,5-stündige Flug den 17 Stunden im engen Schlafwagen definitiv vorzuziehen ist.
Flussaufwärts in Saigon und am Mekongdelta
An deiner letzten Station erwarten dich erneut Chaos und Lebensfreude: Willkommen in Ho-Chi-Minh-Stadt, die vielen auch als Saigon bekannt ist. Wieder herrschen Motorräder über das Durcheinander dieser modernen und geschäftigen Metropole, in der man sich nicht von den schieren Ausmaßen überwältigen lassen, sondern die Traditionen, die vielseitige Küche und die Nähe zum Fluss Mekong genießen sollte.
Das Kriegsmuseum und die Tunnel von Củ Chi gehören zum Pflichtprogramm, aber es sind die unerwarteten Entdeckungen, die Saigon so einzigartig machen. Morgens kannst du dich im Tao Dan Park den Einheimischen beim Kampfsport, Line Dance oder Tai-Chi anschließen, nachmittags einen Tee auf der 53. Etage des Bitexco Tower genießen und abends bei der „Amazing Viet Show“ Tränen lachen ‒ diese bizarre Comedy- und Zirkusaufführung veralbert typisch vietnamesische Bräuche. Obwohl es die größte Stadt Vietnams ist, wirkt Ho-Chi-Minh-Stadt ebenso leicht und unkompliziert wie die lokale Küche: Sie ist deutlich süßer und von zahlreichen internationalen Einflüssen durchsetzt. Probier auf jeden Fall das ebenso knusprige wie fluffige Bánh-mì-Baguette, Hühnchencurry mit Kokosmilch (Cà ri gà) und eine mit Zimt gewürzte Pho-Rindfleischsuppe.
Der letzte, unverzichtbare Abschnitt deiner Vietnamreise führt dich ins magische Mekongdelta, das aufgrund seines landwirtschaftlichen Reichtums auch als „Reiskammer“ des Landes bezeichnet wird. Der Kontrast zu Ho-Chi-Minh-Stadt könnte kaum größer sein: Die Landschaft wird von grünen Reisfeldern, schwimmenden Märkten, schmalen Kanälen und strohgedeckten Hütten bestimmt. Obwohl jeden Tag Heerscharen von Besuchern ins Mekongdelta aufbrechen, bietet die Region zahllose Möglichkeiten, um Ausflüge fernab der Massen zu unternehmen und die idyllische und entspannte ländliche Atmosphäre zu genießen. Für die Übernachtung bieten sich Orte wie An Bình an, wo dich Fahrradtouren durch Farmland und fröhliche Begrüßungen der Dorfbewohner erwarten, bevor du dich in deinem Homestay bei einer authentischen hausgemachten Mahlzeit niederlässt. Ein perfekter Abschied von Vietnam.
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